Know-how-Management in der Steuerkanzlei

17. September 2019

Wissen im Unternehmen zu organisieren und es transparent und für alle Beteiligten leicht zugänglich zu machen entwickelt sich zunehmend zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Dies gilt inzwischen auch für Steuerkanzleien.

Welt der Digitalisierung

Wer sich in der heutigen VUCA-Welt* nicht adäquat und zügig auf neue Sachverhalte einstellen kann, gerät leicht ins Hintertreffen. Weder das Management vieler Unternehmen, noch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind sich dessen bisher in ausreichendem Maße bewusst. Die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung zur Organisation von Wissen werden noch lange nicht ausgeschöpft und allein das Speichern von Fakten reicht nicht aus, um der Geschwindigkeit der Entwicklung folgen zu können.

Prozessrelevante Informationen müssen ebenso festgehalten werden wie reine Daten - vor allem vor dem Hintergrund der steigenden Vernetzung der Steuerkanzleien mit ihre Mandanten. Verschiedenste Systeme und Datenquellen werden gemeinsam genutzt und immer mehr Beteiligte müssen gleichzeitig darauf zugreifen können. Behält der Mitarbeiter Wissen ausschließlich in seinem Kopf, entstehen Lücken in der Prozesskette sobald „dieser Kopf“ nicht zur Verfügung steht. Gerade jüngere Mitarbeitende suchen sich nach zwei oder drei Jahren eine neue Herausforderung und nehmen dann einiges an Knowhow mit.

Die Folge davon ist ein stetiger Wissensabfluss und jeder neue Mitarbeitende ist erst einmal mit dem Erwerb des gerade verschwundenen Wissens beschäftigt. Was beispielsweise tun, wenn die langjährige Steuerfachangestellte beschließt sich beruflich weiterzuentwickeln und das von ihr erworbene buchhalterische und umsatzsteuerliche Fachwissen für den von der Kanzlei betreuten großen Onlinehändler dann einfach nicht mehr da ist?
Am Ende droht der Verlust des Mandats, weil niemand in der Lage ist, sich in der erforderlichen Geschwindigkeit gründlich in die Sachverhalte einzuarbeiten. Um Prozesssicherheit zu gewährleisten, reicht es nicht, wenn das Wissen in den Köpfen der Mitarbeitenden vorhanden ist. Wer Sicherheit haben will, muss sein Know-how systematisch speichern und vernetzen und den Zugriff darauf für alle Beteiligten gewährleisten.

Wissensmanagement als Wettbewerbsvorteil

Die Digitalisierung wird unsere Welt künftig noch weit mehr verändern, Prozesse werden sich rasant entwickeln und damit wird auch das erforderliche Wissen über Abläufe und Zusammenhänge anwachsen. Mithalten kann hier nur, wer sein Know-how stetig erweitert, für Transparenz sorgt und kontinuierlichen Zugriff garantiert. Dann steigt die Effizienz im Arbeitsprozess.

Einmal erarbeitetes Wissen verbleibt auch nach dem Weggang entscheidender Köpfe im Unternehmen und kann von neuen Mitarbeitenden von Anfang an genutzt werden. Alle sind auf dem gleichen Wissensstand und die Reaktionsfähigkeit auf neue Problemstellungen steigt erheblich. Fehler können schneller erkannt und beseitigt werden.

Elegante Lösung: Wikis

Als Wikis (Hawaiianisch für „schnell“) werden Content-Management-Systeme bezeichnet, mit denen sich alle für ein Thema oder einen bestimmten Prozess relevanten Informationen erfassen, pflegen und mit anderen teilen lassen. Dieses Wissen kann beliebig verknüpft werden und jeder Beteiligte hat innerhalb von Sekunden Zugriff auf die von ihm benötigten Informationen. Prominentes Beispiel ist das Internetportal Wikipedia, das Informationen zu nahezu allen Wissensgebieten allgemein zugänglich macht und von den Nutzern selbst gestaltet und gepflegt werden kann. Bei der Einführung eines betrieblichen Wissensmanagement-Systems muss man nicht gleich die ganz große Lösung fahren. Kleineren Kanzleien mit bis zu fünf Mitarbeitenden ist häufig schon mit einem ausführlichen Handbuch gedient, für Kanzleien mit mehr als fünf Mitarbeitenden empfiehlt sich die Anschaffung eines Wikis. Checklistenprogramme allein reichen bei weitem nicht aus, um die Komplexität der prozessrelevanten Vorgänge abzubilden. Häufig sind sie zu kleinteilig gestaltet, bilden nur Teilbereiche ab oder sind nicht multimediatauglich.

Wikis hingegen bieten die Möglichkeit, Wissen nicht nur zu dokumentieren und zu speichern, auch kann der Inhalt je nach Bedarf und Entwicklungsstand immer wieder schnell verändert werden. Erfahrung und Wissen können im Team gesammelt, ergänzt und gepflegt werden. Auf diese Weise entstehen schon bei der allerersten Planung und Zusammenfassung der Inhalte Synergieeffekte im Team und implizites Wissen der Teammitglieder kann in explizites Wissen überführt werden. Außerdem wird die Kommunikation im Team gefördert und dementsprechend hoch ist die Akzeptanz im Unternehmen. Ist das Wiki erst einmal angelegt, stehen die gespeicherten Informationen allen Mitarbeitenden gleichermaßen zur Verfügung und alle sind auf dem gleichen Wissensstand.

Ein weiterer Vorteil ist die multimediale Nutzbarkeit von Wikis: Info-Grafiken und Videos erhöhen die Möglichkeiten der Abbildung von komplizierten Prozessen und Vorgängen. Zudem sind die meisten Wikis über das Internet erreichbar, wodurch sie ortsunabhängig genutzt werden - also auch vor Ort beim Mandanten. Da die Struktur eines Wikis nicht von vornherein hierarchisch festgelegt ist und auch immer wieder verändert werden kann, empfiehlt es sich, einen oder zwei Mitarbeitende zu benennen, die sich regelmäßig um den Erhalt der einmal erarbeiteten Struktur kümmern.

Auch Fehler sind nicht schlimm: Da das ganze Team mit dem Wiki arbeitet, werden Fehler schnell erkannt und bereinigt.

Vorteile von Wikis:

  • Möglichkeit zur Dokumentation aller prozessrelevanten Informationen
  • Inhalte lassen sich schnell erweitern und verändern
  • Möglichkeit zur Verknüpfung von Wissensinhalten
  • Synergieeffekte durch Teamarbeit
  • Gleicher Wissenstand aller Beteiligter sowie schnelle Zugriffsmöglichkeiten
  • Einbindung von Multimedia und Dokumenten (PDF, Excel, etc.)
  • Ortsunabhängige Nutzung (Webapplikation)
  • Unterstützung einer Fehlerkultur
  • Das wesentliche Wissen des Unternehmens ist an einer einzigen Stelle zu finden. Die mehrfache (redundante) Speicherung von Wissen an verschiedenen Orten wird bei richtiger Anwendung praktisch vollständig unterbunden.


Wie komme ich an Software-Angebote?

Für die Erstellung oder Nutzung eines eigenen Wissenmanagement-Systems gibt es verschiedene Möglichkeiten und Software-Angebote.
Nachfolgend finden Sie dafür frei Beispiele:

1. MediaWiki:

Bei MediaWiki handelt es sich um eine internet-hostbare, freie Software (opensource), die kostenfrei heruntergeladen werden kann. Sie unterstützt das Erarbeiten, die Organisation und das Publizieren von Wissen. Die bekannte Wissens-Plattform Wikipedia basiert auf dieser Software. MediaWiki ist frei erweiterbar, anpassbar und arbeitet zuverlässig. So existiert eine ganze Reihe an Plugin, mit denen das Mediawiki erweitert werden kann.
Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.mediawiki.org/wiki/MediaWiki/de

2. Buchhaltroniker-Wiki:

Das Buchhaltroniker-Wiki wurde auf Grundlage des MediaWiki von dekodi erstellt. Insbesondere die Nutzerfreundlichkeit und Übersichtlichkeit wurden optimiert, was einen effizienten Zugriff auf das gespeicherte Wissen ermöglicht. Besonderer Wert wurde auf die Strukturierung des Wissens und der Mandanteninformationen gelegt. Dadurch ist es ein leichtes, sich im komplexen Wissensgeflecht von Steuerkanzleien zurecht zu finden.
Für weitere Informationen senden Sie uns gerne eine Anfrage an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

3. Atlassian Confluence:

Atlassian Confluence ist eine kostenpflichtige Wiki-Software, die für den Einsatz in nahezu jedem Unternehmen geeignet ist und vor allem die Zusammenarbeit im Team unterstützt. Confluence erlaubt durch speziell konfigurierbare Benutzerrechte die direkte Zusammenarbeit von Mandant und Steuerberater.
Informationen zu Atlassian Confluence finden Sie hier.

Know-how-Management heißt mehr als Daten speichern

Ohne modernes Wissensmanagement wird heute kein Unternehmen und auch keine Steuerkanzlei in der digitalen Welt überleben können. Dabei liegen die Vorteile für die Kanzleien und die Mitarbeitenden klar auf der Hand:

  • Dokumentation von Know-how: Durch die Dokumentation des vorhandenen Wissens, können entscheidende Informationen über Arbeitsgrundlagen und Prozesse schnell allen Beteiligten zugänglich gemacht werden. In Steuerkanzleien ergänzen Wikis die üblichen Nachschlagewerke wie beispielsweise „Haufe“.
  • Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum: Prozesse können verschlankt und beschleunigt werden und ein effizienteres Arbeiten wird möglich. So entfällt beispielsweise das Nachfragen bei Kollegen. Dies verbessert die Wettbewerbsfähigkeit und fördert das Wachstum. Die Einarbeitungszeit sinkt drastisch.
  • Ortsunabhängiger Zugriff: Die Nutzung einer entsprechenden Software ermöglicht einen ortsunabhängigen Zugriff auf alle prozessrelevanten Informationen, so dass langes Nachfragen entfällt und Sachverhalte direkt vor Ort beim Kunden oder auch in virtuellen Teams geklärt werden können.
  • Implizites Mitarbeiterwissen wird zu explizitem kollektiven Unternehmens-Know-how: Durch die Dokumentation des schlummernden Wissens einzelner Mitarbeitender über Zusammenhänge und Prozesse, wird dieses Wissen für alle zugänglich, fließt ins Gesamt-Know-how des Unternehmens ein und kann von allen genutzt werden.
  • Vermeidung von Mehrfacharbeiten: Die Dokumentation von Prozessen ermöglicht einen Abgleich relevanter Daten und Bezüge. Auch in anderen Bereichen kann dieses Wissen genutzt und Doppel- oder Mehrfacharbeiten können vermieden werden.
  • Förderung des Teamgeists und der Kommunikation: Die Mitarbeitenden entwickeln ein gemeinsames Bewusstsein für die Unternehmensziele. Gemeinsames Arbeiten an der gleichen Sache wirkt sich positiv auf den Teamgeist aus, die Motivation steigt.
  • Kontinuierliche Ergänzung des Wissensbestands: Wissensmanagement, das mit einer professionellen Software hinterlegt wird, ermöglicht eine beständige Erweiterung der Wissensbestände, so dass das Unternehmen mitlernen und sich an aktuelle Herausforderungen besser anpassen kann.
  • Vernetzung mit dem Wissen des Mandanten: Für die Entwicklung eines Unternehmens zur lernenden Organisation ist es entscheidend, das Wissen der Stakeholder einzubeziehen. Know-how-Management vernetzt internes und externes Wissen und ermöglicht einen verbesserten Kundenservice.

Ein gezielt gestaltetes Know-how-Management schafft also eindrückliche Wettbewerbsvorteile und ein entspanntes Leben. Durch die schnelle Zugänglichkeit des Wissens erhöht sich die Innovationsfähigkeit des Unternehmens. Die Motivation der Mitarbeitenden steigt durch die Beteiligung am Prozess des Wissensaufbaus. Auf diese Weise verändert sich ein Unternehmen hin zu einer lernenden Organisation und ist in der Lage flexibel und umfassend auf künftige Herausforderungen zu reagieren.

Fehlendes Wissensmanagement hingegen bindet die Innovationsfähigkeit in vielerlei Hinsicht: Durch die mangelnde Vernetzung kommt es zu Doppelarbeiten, Wissen verbleibt bei einzelnen Mitarbeitenden und wird nicht ausreichend kommuniziert, die Effizienz leidet und die Zukunfts- und Innovationsfähigkeit werden nicht in ausreichendem Maß entwickelt.

Der Umgang mit Wikis und elektronischen Handbüchern ist übrigens Bestandteil der Buchhaltroniker-Ausbildung.
dekodi berät Sie auch gerne bei der Einführung eines Wikis in Ihrem Unternehmen oder Ihrer Kanzlei.

*VUCA: Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity

Volatility/Flüchtigkeit: Die Welt in der wir leben verändert sich ständig und wird zunehmend instabiler. Die Veränderungen vollziehen sich immer schneller und einschneidender und die Auswirkungen sind häufig unvorhersehbar. Das Verstehen von Ursache und Wirkung ist oft gar nicht möglich.

Uncertainty/Ungewissheit: Ereignisse werden immer weniger berechenbar und vorhersehbar, weil die Erfahrungen und Prognosen aus der Vergangenheit nicht mehr auf künftige Szenarien anwendbar sind. Damit wird es immer schwieriger sich auf Entwicklungen einzustellen und Investitionen zu planen.

Complexity/Komplexität: Unsere Welt wird immer komplexer und vernetzter. Oft können wir Ursache und Wirkung nicht genau unterscheiden und die Zusammenhänge gestalten sich unübersichtlich. Vor diesem Hintergrund verkomplizieren sich Entscheidungen, den einen richtigen Weg zu finden ist fast nicht möglich.

Ambiguity/Mehrdeutigkeit:
Aktuell erfolgreiche Geschäftsmodelle müssen in der Zukunft immer häufiger überdacht werden. Die Anforderungen an Unternehmen und Organisationen gestalten sich heute widersprüchlich und bergen das Risiko zu Missdeutungen und Fehlinterpretationen. Es wird nötig sein, flexibel und mutig auf die Veränderungen am Markt zu reagieren und aus Fehlern schnell zu lernen.

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